Mario Gomez:"Essen soll nicht mehr über den ganzen Globus gekarrt werden"

Mario Gomez: Schmeckt! Mario Gomez versucht sich nach seinem Einstieg als Investor bei Organic Garden als Tester, Holger Stromberg hat gekocht.

Schmeckt! Mario Gomez versucht sich nach seinem Einstieg als Investor bei Organic Garden als Tester, Holger Stromberg hat gekocht.

(Foto: Mike Meyer/Firma/oh)

In Vaterstetten geben sich neuerdings Promis ein Stelldichein. Das Ernährungskonzept von Sternekoch Holger Stromberg hat einen Ex-Fußballer überzeugt.

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Ob eine nachhaltige Ernährung im Sinne von Organic Garden dem VfB Stuttgart beim aktuellen Abstiegskampf in der ersten Bundesliga geholfen hätte? Mario Gomez, Ex-Fußballprofi und Ex-Stuttgarter lächelt etwas gequält und murmelt etwas von ein paar schwäbischen Maultaschen weniger, die es hätten sein können. Die Bemerkung ist allerdings nicht ganz ernst gemeint. Sehr ernst aber meint es Gomez, der in seiner Karriere auch für den FC Bayern, den AC Florenz, den VfL Wolfsburg, Besiktas Istanbul und die Deutsche Nationalmannschaft als Stürmer gespielt hat, mit seinem neuen finanziellen und ideellen Engagement für das Startup Organic Garden. Und mit seiner Empfehlung an Sportler - nicht nur die seines Stammvereins - ganz generell, darauf zu schauen, was auf ihren Tisch kommt. So scheint ihm der Einstieg als Investor in das visionäre Unternehmen eine Herzensangelegenheit zu sein.

Die Verwaltung von Organic Garden ist in der Alten Brennerei in Hergolding untergebracht

Rund um die Alte Brennerei in Hergolding kommt man neuerdings aus dem Staunen nicht mehr heraus. Vor dem bekannten Fußballprofi war es im vergangenen Jahr Sternekoch Holger Stromberg, der hier auftauchte und im Vaterstettener Ortsteil quasi die Keimzelle des Zukunftsprojekts Organic Garden für eine ausgewogene Ernährung einrichtete. Stichwort: "From farm to fork". Die Verwaltung des Unternehmens, 2019 initiiert vom Finanzexperten Martin Seitle, der als Co-Geschäftsführer an Bord ist, ist seither in den Räumen der früheren Genossenschaftsdestillerie untergebracht, ebenso wie eine Experimentier- und eine Schulungsküche sowie ein Café. Damit hat das markante Gebäude mit dem rostroten Turm, das vor beinahe einem Jahrzehnt fast der Abrissbirne zum Opfer gefallen wäre, wohl seine Bestimmung gefunden. Als nachhaltig genutzte Immobilie ein stimmiger Rahmen für Organic Garden.

Nichts soll verloren gehen, so eines der Konzepte des Unternehmens, das freilich schon mehr ist als eine Zukunftsplanung. Längst sind Stromberg und sein Team dabei, ihre Produkte zu kreieren - und im eigenen Café, in "Eaterys" in der Innenstadt oder auch als Catering für Schulen unter die Leute zu bringen. Alles im Sinne des ehemaligen Nationalmannschaftskochs und Ernährungsexperten Stromberg: Mit Respekt gegenüber dem Lebensmittel und der Natur, aus der es kommt. Dass dabei das Hauptgewicht auf pflanzliche Kost gelegt werden muss, versteht sich inzwischen von selbst. 85 Prozent der Ernährung sollte sie ausmachen, so ein Stromberg-Leitsatz. Organic Garden heiße nicht, dass man nur vegetarisch oder gar vegan essen müsse, betont Mario Gomez beim Pressetermin in Hergolding - nach eigenen Worten jemand, der selbst gerne genießt, aber auch schon lange das Bedürfnis nach gesunder und nachhaltiger Ernährung hat. "Ich finde, dass Essen nicht mehr über den ganzen Globus gekarrt werden muss", mit dem Hergoldinger Vorhaben also "da kann ich mich identifizieren".

Mario Gomez: Martin Seitle (links) hat Organic Garden 2019 ins Leben gerufen, inzwischen hat er den Sternekoch Holger Stromberg und den Ex-Fußballprofi Mario Gomez als Partner

Martin Seitle (links) hat Organic Garden 2019 ins Leben gerufen, inzwischen hat er den Sternekoch Holger Stromberg und den Ex-Fußballprofi Mario Gomez als Partner

(Foto: Mike Meyer/Firma/oh)

Dazu gehören etwa Markthallen zum Verkauf der lokalen Produkte, deren Grundstoffe in eigenen Farmen gezogen werden. Die Zutaten für Veggieburger oder "Plant based Caesar-Salad", Beerenmüsli oder Ingwershots sollen demnächst soweit wie möglich aus eigenem Anbau stammen. Gemüse, Früchte, Kräuter, Pilze, Algen und Fisch, alles energie- und bodenschonend hergestellt, jede Produktionssparte genutzt zur Kultivierung einer anderen.

Mario Gomez: Der Ingwershot in unterschiedlichen Zubereitungsformen gehört zu den Spezialitäten bei Organic Garden.

Der Ingwershot in unterschiedlichen Zubereitungsformen gehört zu den Spezialitäten bei Organic Garden.

(Foto: Christian Endt)

Besonderes Augenmerk verdient dabei die Fischzucht. Allein 500 Tonnen Zander und Lachse pro Jahr sollen hier wachsen und gedeihen. Die erste dieser Farmen soll in Österreich, weitere in Deutschland entstehen, wie Martin Seitle erklärt. Man stehe im Augenblick vor der Genehmigung, dem "virtuellen Spatenstich." Der Aufbau allerdings werde mindestens 36 Monate dauern, weshalb zeitgleich eine kleinere Pilotfarm im Münchner Umland geplant ist, die bereits in zwölf Monaten liefern soll. "Da können wir bald auf die ersten Produkte zugreifen", und "beweisen, dass unser Konzept auch technisch möglich ist", erklärt Stromberg. Die Entscheidung über den Münchner Standort werde "in den nächsten vier Wochen spruchreif sein". Das Pilotprojekt als Trainingsgelände. "Wenn die große Farm ans Netz geht, dann muss alles reibungslos funktionieren", sagt der Koch. Es soll ja nichts verloren gehen.

Mario Gomez: Holger Stromberg liebt Gemüse. In seiner Küche soll nichts in den Müll wandern, so halten es auch seine Mitarbeiter.

Holger Stromberg liebt Gemüse. In seiner Küche soll nichts in den Müll wandern, so halten es auch seine Mitarbeiter.

(Foto: Christian Endt)

Zurück zu Mario Gomez und seinen guten Beziehungen zu Holger Stromberg. Sie haben etwas mit einem Kaninchen zu tun, das der Koch 2012 für das Buffet der Nationalmannschaft zubereitet hat. Der Koch erinnert sich und lacht. "Mario war der einzige, der nicht daran vorbei gegangen ist." Als Profisportler werde man ja immer von den Trainern angehalten, gesund zu essen, ergänzt Gomez. Geärgert habe ihn aber schon in seiner aktiven Zeit, dass die Spieler dann mit dieser Aufforderung allein gelassen wurden, als "scheinheilig" und wenig ganzheitlich habe er das empfunden. "Wirklich gesunde Ernährung ist doch gar nicht so leicht zugänglich", eine Umstellung sei schwierig, das sehe er an sich selbst - mit drei kleinen Kindern und einem Beruf, der ihn viel reisen lasse - als Uefa-Champions-League-Experte bei Amazon Prime Video und technischer Direktor bei Red Bull Soccer International. "Aber ich habe mir vorgenommen, wenn ich irgendwann was zu sagen habe im Fußball, dann werde ich dabei helfen, dass die Sportler auch zu Hause gut essen."

Mario Gomez: Gesunde Ernährung im Sinne von Organic Garden bedeutet: 85 Prozent pflanzliche, 15 Prozent tierische Kost. Ein Rührei darf also schon dabei sein, hier ist es mit Kurkuma, Chili, karamelisiertem Knoblauch und Feto zubereitet.

Gesunde Ernährung im Sinne von Organic Garden bedeutet: 85 Prozent pflanzliche, 15 Prozent tierische Kost. Ein Rührei darf also schon dabei sein, hier ist es mit Kurkuma, Chili, karamelisiertem Knoblauch und Feto zubereitet.

(Foto: Peter Hinz-Rosin/Photographie Peter Hinz-Rosin)

Was ganz im Sinne der Organic Garden-Macher ist, die mit dem ehemaligen Nationalspieler ein repräsentatives Aushängeschild gewonnen haben. Die Suche nach Investoren und vor allem Vorbildern im Sinne eines Neudenkens in Sachen Essen dürfte aber weitergehen. "Wir brauchen Role-Models aus allen Bereichen", sagt Holger Stromberg.

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